Hannover. „Wir brauchen dringend neue Wege bei der innerstädtischen Belieferung. Wir unterstützen daher auch den Einsatz von Lastenrädern“, appellierte Gertrud Sahler, Abteilungsleiterin Verkehr im Bundesumweltministerium auf der IAA im Rahmen eines Pressegesprächs des alternativen Verkehrsclubs VCD zum Thema „Effiziente Citylogistik mit E-Lastenrädern. In Anbetracht der Verkehrszunahme in den vergangenen 20 Jahren sowie der Prognose weiterer Zuwächse, dem Anstieg des Anteils des Verkehrs am Gesamtausstoß an CO2 auf 20 Prozent und der fast vollständigen Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, müsse die Suche nach umweltfreundlicheren Transportmitteln verstärkt werden, betonte Sahler. Sie wies außerdem darauf hin, dass das Instrument der Umweltzonen mit der Durchsetzung der grünen Plaketten ausgereizt sei und schon von daher weitere Ansätze zur Einhaltung der Luftreinhaltungsbestimmungen gefragt seien.
Die Elektromobilität sei dabei eine von der Bundesregierung ressortübergreifend forcierte Option und im Wirtschaftsverkehr könnten dabei E-Lastenräder eine wachsende Rolle übernehmen, befand die Ministeriumsvertreterin. „Der Verkehr muss anders gestaltet werden“, forderte sie. Der Bundesregierung seien dabei alle Verkehrsträger und Optionen gleichermaßen lieb und wert, man sehe hier keinen Konflikt zur Automobilindustrie respektive anderen Ressorts. „Lastenräder sind keine Konkurrenz zum Auto, sondern primär eine vernünftige, nicht zuletzt sehr wirtschaftliche Ergänzung“, unterstrich der VCD-Bundesvorsitzende Michael Ziesak. Er forderte von der Politik aber einen Ausbau der Infrastruktur für den Radverkehr. „Wir können es nicht auf einen Kampf auf dem Fußgängerweg ankommen lassen. Wir brauchen Lösungen und Wege für den kleinen Transportverkehr“, präzisierte er. Und verwies auch auf Maßnahmen wie ein generelles Tempolimit von 30 km/h, dass die Akzeptanz von Fahrrädern auf der Straße deutlich erhöhen würde. Außerdem mahnte er an, für Lastenräder Privilegien, wie sie für E-Autos jetzt geplant sind, zu schaffen, die deren Einsatz belohnen. Auch sollten öffentliche Fuhrparks mit dem verstärkten Einsatz von Lastenrädern ein Beispiel geben. Ein Vertreter des Lastenradherstellers Gobax beklagte, dass Elektromobilität bisher nur im Bezug auf Autos gefördert werde, nicht aber die Entwicklung von E-Lastenrädern. Hier würden schnell 100.000 Euro allein für die Integration der Batterie- und Antriebstechnik fällig, auch robuste Rahmenkonstruktionen nach Industriestandard seien enorm aufwändig.
Projekt „Lasten auf die Räder“
Es könne doch nicht sein, dass ein milliardenschwerer Automobilhersteller wie BMW leichter an Fördermittel kommt, selbst wenn er damit dann etwa ein elektrisches Faltrad entwickelt. Der Verantwortliche des derzeit laufenden, vom Ministerium geförderten VCD-Projekts „Lasten auf die Räder“ Wasilis von Rauch zitierte eine von der EU geförderte Studie, die davon ausgeht, dass 51 Prozent aller motorisierten Transporte in europäischen Städten mit geeigneten Fahr- oder Lastenrädern erledigt werden könnten. Michael Ziesak appellierte, die ohne große Investitionen vorhandenen Verlagerungspotenziale aufs Lastenrad zu nutzen. (jr)