Berlin. Die freien Tankstellen in Deutschland protestieren gegen die Pläne einiger Bundesländer, ein einheitliches Meldesystem für Spritpreise einführen zu wollen, um mehrfache Preissprünge am Tag zu unterbinden. Eine „staatliche Preisschwankungsbremse“ könne den freien Tankstellenmittelstand in den Ruin treiben, warnt der Branchenverband Mittelständische Energiewirtschaft Deutschland (MEW).
„Vor allem das so genannte westaustralische Modell hilft nur den Mineralölgesellschaften und ist bestens geeignet, die freien Tankstellen aus dem Markt zu drängen“, sagte Steffen Dagger, Geschäftsführer des MEW. Es bestehe die Gefahr, dass große Mineralölkonzerne mit staatlichem Segen am Vortag Preise für ihre Tankstellen festlegen, die unterhalb der Einstandspreise der freien Tankstellen liegen. Die bereits bestehenden Verbote der so genannten Kosten-Preis-Schere und des Verkaufs unter Einstandspreis wären damit ausgehebelt, meint Dagger.
Preisbremse treibt Spritpreis nach oben
Die freien Stationen bieten Kraftstoff bisher noch ein bis zwei Cent billiger an als die Markentankstellen, wovon unter anderem Großabnehmer wie Transportfirmen profitieren. Die von der Politik vorgeschlagene Preisschwankungsbremse könnte das ändern, mahnt der MEW. Sie führe tendenziell nicht etwa zu günstigeren, sondern zu insgesamt höheren Preisen und weniger Wettbewerb im Kraftstoffmarkt, heißt es in einer Stellungnahme des Branchenverbandes, der rund 15 Prozent der deutschen Tankstellen vertritt. Dies zeigten Preisregulierungsmodelle aus dem Ausland, sagte Dagger.
Dieser Meinung ist auch Karlheinz Schmidt. „Die Einführung des westaustralischen Modells könnte in Deutschland dazu führen, dass die großen Mineralölkonzerne die Preise punktuell künstlich niedrig halten, um kleinen und mittleren Tankstellenbetreibern auf kurz oder lang das Wasser abzugraben“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL). Das sei möglich, weil die freien Stationen ihren Sprit von den Raffinerien der Markenanbieter oder den Spotmärkten beziehen. Damit sei die Höhe der Einstandskosten der freien Tankstellen transparent und könnte für ruinöse Preisstrategien der Marken gegen die freien Tankstellen sorgen. (ag)
G. Böhmert