Brüssel. Die Mehrheit des Europäischen Parlaments hat am Mittwoch den Kommissionsvorschlag zur Änderung der Richtlinie zur Arbeitszeit im Straßentransport abgelehnt. Damit sollen künftig EU-weit für selbstständige LKW- und Busfahrer dieselben Arbeitszeitregelungen gelten wie für solche, die in einem Angestelltenverhältnis stehen. Bislang wurde diese Vorgabe von den Nationalstaaten nicht umgesetzt.
„Die Einbeziehung selbständiger Berufskraftfahrer in die Vorschrift wird die Existenz der betreffenden Firmen gefährden und in der Konsequenz zukünftiges Unternehmertum eindämmen. Dies ist gerade in der Finanzkrise das völlig falsche Signal", kritisierte Dieter-Lebrecht Koch (CDU), Vizepräsident des Verkehrsausschusses des Europäischen Parlaments, das Votum. „Unter dem Deckmantel der Verkehrssicherheit sollen hier Unternehmen in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt werden."
„Unfallrisiko unterscheidet nicht zwischen Beschäftigungsstatus", begründete die SPD-Europaabgeordnete Jutta Steinruck die Entscheidung der Parlamentsmehrheit. Die Ablehnung des Vorschlages sei ein klares Signal gegen die Scheinselbständigkeit. „Heute haben wir verhindert, dass immer mehr angestellte Fahrerinnen und Fahrer in die Scheinselbständigkeit gedrängt werden, um dann doch wieder für den gleichen Auftraggeber zu fahren wie zuvor", sagte die Arbeitsmarkt- und Sozialexpertin Steinruck weiter.
„Endlich ist es uns gelungen, einen Schritt in Richtung erhöhter Sicherheit im Straßenverkehr zu machen. Der Kommissionsvorschlag zielte darauf ab, selbstständige Kraftfahrer von der Richtlinie, die Sicherheit in Straßenverkehr, Gesundheit und am Arbeitsplatz gewährleisten soll, auszunehmen", begrüßte Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament die Entscheidung. „Sozialdumping kann nun nicht stattfinden", sagte Cramer. „Die Mitgliedstaaten, die noch gezögert haben, müssen die Richtlinie nun schnellstmöglich in nationales Recht umsetzen", forderte der Abgeordnete aus Berlin.
Eigentlich gilt bereits seit 23. März 2009 auch für selbstständige Berufskraftfahrer die EU-Arbeitszeitrichtlinie 2002/15. Vergangenes Jahr war eine entspechende Ausnahmeregelung ausgelaufen und eine Neuauflage bislang gescheitert. Damit müssen sie Selbstständigen sich künftig wie ihre angestellten Kollegen an die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden halten. Wie die EU-Kommission auf das Votum des Parlaments reagieren wird ist derzeit noch unklar. (sb)