München. Der Berufsverband Camion Pro e.V. will osteuropäische Lkw-Fahrer darin unterstützen, ihren bei Kabotagefahrten bestehenden Anspruch auf deutschen Mindestlohn von 8,50 Euro/Stunde durchzusetzen. In einer Pressekonferenz stellte Verbandsvorstand Andreas Mossyrsch am Montag eine entsprechende Aufklärungskampagne vor. Man habe Erkenntnisse darüber, dass der deutsche Mindestlohn von im Ausland ansässigen Unternehmen flächendeckend unterlaufen werde.
Das WDR Fernsehen hat am Montagabend in seinem Format „Die Story“ über bisherige Erfahrungen mit dem Mindestlohn berichtet. Ein Teil der Sendung befasste sich mit der Aktion „Fair Europe “von Camion Pro. Der Verband hat in den letzten Wochen rund 70 Lkw-Fahrer aus Osteuropa zu Bezahlung und Lebensverhältnissen und ihren Kenntnissen zum Mindestlohn befragt; die Studie ist noch nicht abgeschlossen. Laut Mossyrsch wurden dabei Arbeitsverhältnisse genannt, die „weder internationalen Arbeitsrechts-Standards entsprechen noch kompatibel mit dem deutschen Mindestlohngesetz sind“.
Löhne zwischen 250 und 600 Euro brutto
Von den 70 befragten Fahrern - die allesamt Kabotagefahrten in Deutschland durchführten - erhält keiner den Mindestlohn, so Mossyrsch. „Das Durchschnittseinkommen der Befragten liegt bei 250 bis 600 Euro brutto im Monat bei einer Arbeitszeit zwischen 12 und 16 Stunden.“ Der Bruttolohn mache in den meisten osteuropäischen Ländern etwa 1/3, zusätzliche Spesen 2/3 des Lohns aus. Vom deutschen Zoll kontrolliert wurde noch keiner der Fahrer. Seine Lebenssituation als Arbeitnehmer bezeichnete jeder zweite als „schlecht“ oder „ganz schlecht“. Mossyrsch berichtete, dass bezüglich der Arbeitnehmerrechte unter den Fahrern vielfach „Unsicherheit, vor allem aber eine deutliche Kultur der Angst herrscht. Wenn ein Fahrer sich beklagt, muss er mit Repressalien rechnen.“
Camion Pro stellt sich ab sofort ausländischen Fahrern als Kontakt für Forderungsklagen in Deutschland zur Verfügung, kündigte Mossyrsch an. In einem in acht Sprachen gedruckten Flyer, der zurzeit auf Autohöfen, Tank- und Rastanlagen verteilt wird, informiert der Verein die Fahrer über ihre rechtlichen Möglichkeiten. „Die Fahrer können vor einem deutschen Arbeitsgericht den Mindestlohn bis zu drei Jahre rückwirkend beim Auftraggeber einklagen, ob beim deutschen Großspediteur oder beim Versender“, sagte Andreas Mossyrsch.
Camion Pro vertritt nach eigenen Angaben rund 450 Mitglieder und kämpft seit Jahren „gegen Sozialdumping, Wettbewerbsverzerrungen und Wirtschaftskriminalität in der Transportbranche“. (sk)